Brot wie früher

Mit 22 Jahren hatte ich das Glück in einer kleinen Bäckerei, als „Mädchen für alles“,  arbeiten zu dürfen. Offiziell war ich Backstubenhilfe- aber in Wirklichkeit reparierte ich alte Maschinen und lernte Brot und Brötchen zu backen. In der Backstube stand ein Glycerinrohr- Backofen mit 2 „Backröhren“ (fachmännisch Herde genannt). Den Ofen aus dem Jahr 1909 aufzuheizen dauerte übrigens eine Woche. Man stelle sich einen Steinquader von 4×4 Metern und 3 Meter Höhe vor. Der Ofen steht übrigens heute im Werksmuseum des Herstellers… Die Technik eines solchen Ofens sei hier kurz beschrieben: Kernstück sind dicht verschweisste Stahlrohre die im Inneren mit etwas Glycerin gefüllt sind. Sie ragen mit dem unteren Ende in die Feuerstelle und sind schräg aufsteigend im Ofen verbaut. Das Glycerin verdampft in der Wärme und kondensiert an den kälteren Stellen- wo es wieder nach unten zurückläuft.- damit wird wird die Wärme in den Tonnen von Stein verteilt. Technisch problematisch ist der durch die Erwärmung entstehende hohe Druck im inneren der Rohre.

Basics zum Brot backen:

Damit Gebäck locker wird benötigt man ein Treibmittel, das kann sein:

  • Hirschhornsalz (Lebkuchen)
  • Backpulver (Kuchen-/ Weizenmehlteig)
  • Hefe – ein Pilz der NUR mit Weizenmehl funktioniert
  • Sauerteig – eine Bakterienkultur die NUR mit Roggen oder- Dinkelnmehl funktioniert

Für Dinkelmehl soll Sauerteig funktionieren- damit habe ich aber keine Erfahrungen.

Der Beginn:

Entweder kauft man Sauerteig oder macht ihn selbst, was nicht schwer ist, aber 7 bis 10 Tage in Anspruch nimmt. Dazu etwas Roggenmehl in ein Marmeladenglas geben- etwa so viel, das es  ca 1…2 cm gefüllt ist. Dann soviel wasser dazu geben (rühren!!!) das die Masse einen weichen Teig ergibt, der aber nicht fließt. Den Deckel nur auflegen oder ein feuchtes Tuch darüber spannen. An einem temperierten, nicht über 30 Grad warmen Ort aufbewaren und 1 mal am Tag einen gehäuften Esslöffel Roggenmehl und entsprechend Wasser nachfüllen und gut durchrühren. Nach ein bis drei Tagen beginnt der Ansatz säuerlich- muffig zu riechen und Blasen zu machen. Das ist der Beginn. Übrigens… Sauerteig klebt immer fürchterlich, wie auch Brotteige aus Roggenmehl.

Glas mit Teigansatz

der Beginn

Vorweg:

Sauerteigbrot wird meist nicht industiell hergestellt, weil der Teig Zeit braucht- oft steht „Mit Sauerteig gebacken“- der jedoch selten reifen konnte- oder die Brote enthalten 50% Weizenmehl und werden einfach mit Hefe getrieben. Sauerteig braucht Zeit, auch wenn man einen guten Ansatzteig hat, geht es kaum unter 1 Tag.

Wichtig ist das Salz: es sorgt nicht nur für guten Geschmack sondern hält das Brot beim backen stabil, so das es nicht zusammenfällt. Weizenmehl ist für den Geschmack und die Farbe wichtig. Der Kümmel zum verfeinern. Ich backe Kastenbrot in einer üblichen Kastenform für Marmorkuchen. Es ist einfacher, da man weniger Wasser nehmen kann und mit der Teigkonsistenz nicht so aufpassen muss. Außerdem wird es nicht so schnell hart. Die Mengen sind auf die Form abgestimmt.

Zutaten, Material und Rezept:

  • 600 Gramm Roggenmehl
  • 70 Gramm Weizenmehl
  • 550 ml Wasser
  • optional: 1 gestrichenen Teelöffel Kümmel

  • 1 Schüssel
  • 1 Messbecher/ Waage
  • Teigschaber
  • 1 Kastenform

los geht’s

1.Teigstufe (ansäuern)

Dazu den Sauerteig aus dem Marmeladenglas (Anstellgut) mit

  • 150 Gramm Roggenmehl und
  • 170ml lauwarmes Wasser

gründlich verrühren. Mittels Teigschaber alles in die Mitte der Schüssel bringen und etwa 15 Stunden ruhen lassen. Mit einem feucheten Tuch abdecken. Wenn man weiter Sauerteig kultivieren will, jetzt ein wenig davon abnehmen und in ein Glas geben- dann  natürlich die Sauerteigbakterien wieder täglich mit etwas Roggenmehl füttern…

2. Teigstufe (würzen)

  • 12 Gramm Salz
  • 230 ml Wasser (lauwarm)
  • 290 Gramm Roggenmehl
  • 1 gestrichenen Teelöffel Kümmel

Erst das Salz im Wasser auflösen und den Kümmel dazu geben, dann alles mit dem Teig aus der ersten Stufe vermengen. Gründlich durchkneten und dann mit einem feuchten Tuch abdecken und ruhen lassen- etwa 3 Stunden. Wie auch in der ersten Teigstufe zum Ruhen den Teig von den Rändern schaben.

3.Teigstufe (reifen)

  • 160 Gramm Roggenmehl
  • 70 Gramm Weizenmehl
  • 150 ml Wasser

Als erstes die beiden Mehlsorten gut mischen, dann alles zum Teig aus der 2. Stufe geben und gut durchkneten. Der Teig sollte jetzt in die Form, die man vorher mit Roggenmehl gut ausgemehlt hat. Hier noch ein Tipp: die Form hauchdünn mit Backfett einreiben, am Besten mit einem Papiertuch (Küchenrolle) wischen um möglichst eine dünne Schicht zu erhalten. Dann die Form einmehlen, die Fettschicht dient nur als Kleber für das Mehl, nicht als Trennmittel.

Den Teig in der Form einfach mit nassen Fingern glätten- und dann in der Mitte einen Dehnungsschlitz eindrücken (Teigschaber oder nasses Messer). Dann wieder abdecken und ruhen lassen. Achtung! Der Teig wird sich über die Form erheben und Tücher kleben fest- also eine grössere Form darüber stülpen oder  in den kalten Backofen stellen. Wenn der Teig sich über den Rand der Form bewegt und an der Oberfläche die ersten Löcher zu sehen sind, muss er in den Ofen.

backfertiges Brot

nur noch einschneiden und dann in den Ofen

4. backen

Den Ofen unbedingt auf 200° (Umluft) vorheizen. Das Brot muss unbedingt eine Kruste bilden, sonst fällt es später zusammen. Das passiert übrigens auch, wenn man das Salz vergisst. Auf dem Boden des Ofens eine Schale (Suppenteller, Miniblech) mit Wasser stellen (Steinbackofen- Ersatz- die alten Steinöfen speicherten Feuchte). Wenn der Ofen die 200 Grad erreicht hat, das Brot mit der Form in die Backröhre schieben. Es sollte (auch von der Höhe her) mittig im Ofen stehen. So 20 Minuten backen (Krustenbildung), dann die Temperatur auf 180 Grad senken und noch weitere 40…50 Minuten backen lassen. Kurz (ca. 5 min.) VOR dem Ausschalten des Ofens die Schale mit dem Wasser entfernen. Dann im Ofen abkühlen lassen und nach 1..2 Stunden mal richtig gutes Brot essen…

eine Scheibe frisches Brot

eine Scheibe selbstgebackenes

 

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