Eigentlich hat hier bei uns im Dorf (fast) jeder einen alten Traktor. Wer jetzt denkt, das wir hier in einem Museumsdorf leben, irrt sich gewaltig. Wie viele ihrer Besitzer sind diese Maschinen „in Rente“- keine schweren Arbeiten mehr, dafür Pflege und ein Dach über der Haube. Der Erste Lack ist schon lange runter.
Es gibt hier unter anderem ein „Dieselross“, 2 alte Belarus, 2 oder 3 MC Cormick, einen Deutz, 2 Massey Fergusson, einen ET 081, einen Eicher, einen T157, 2 GT124 und 2 RS09.
Einer der beiden RS09 ist seit kurzem bei uns zu Haus.
unser 09ner
RS09 steht übrigens für „Radschlepper“ und 09 für 9te Baureihe. Wie viele alte Maschinen hat auch er einen Spitznamen: Molli
RS01 | RS02 | RS03 | RS04 | RS08 | RS09 |
"Pionier" | "Brockenhexe" | "Aktivist" | | "Maulwurf" | "Molli" |
4 Zylinder
5,022l Hub
| 2 Zylinder
2,2l Hub | 2 Zylinder
3,5l Hub | 2 Zylinder
3,012l Hub | 2 Zylinder
0,63l Hub | 2 Zylinder
1,145l Hub |
Wasserkühlung
Pumpe | Wasserkühlung
Pumpe | Wasserkühlung
Pumpe | Wasserkühlung
Pumpe | Wasserkühlung
Schwerkraft | Luftkühlung
Gebläse |
Diesel | Diesel | Diesel | Diesel | Benzin
Gemisch | Diesel |
42PS | 22PS | 30PS | 30PS | 15PS | 18PS |
Hier mal eine kleine Tabelle von Traktoren die in der DDR hergestellt wurden. Sie ist natürlich nicht vollständig. Es gab da ja noch einige mehr: den Famulus oder den ZT 300 nicht zu vergessen. Von Exoten wie den Pomßenschlepper mal ganz abgesehen.
Aber ich will beim RS09 bleiben. Der 2 Zylinder Motor ist ein in Lizenz hergestellter Warchalowski-Diesel. Er zeichnet sich durch lange Standzeiten aus und wurde noch in anderen DDR Fahrzeugen verwendet.
die Maschine dreht zwar, aber noch viel Arbeit- eine typische „Ölsardine“ übrigens hier NACH der ersten Grobreinigung…
Als Motoröl sollte hier 15W40 oder 10W40 verwendet werden. Nicht vergessen- die Keilriemenspannrolle ab und an mal mit ein wenig Fett zu „beglücken“. Wie für alle alten Diesel gilt übrigens auch hier: Nicht schnell drehen lassen!!! Diese Motore sind langhuber und auf Elastizität und langlebigkeit konzipiert. Als sie entwickelt wurden hat man keinen Gedanken an Emissionswerte oder Partikel verschwendet.
| Menge | DDR Bezeichnung | Ersatz |
Lenkgetriebe | 0,72l | GL60 | SAE 80W |
Endvorgelege | 3,0l | GL60 | SAE 80W |
Getriebe | 16,6l bis Nr. 14718
9,0l ab Nr.14719 | GL60 | SAE 80W |
Hydraulikanlage | 8,2 l | HLP46 | HLP46 |
Die beiden Fotos zeigen die Ölkontrollschrauben vom Endvorgelege und vom Schaltgetriebe.
der Pfeil markiert die ALARMSCHRAUBE!!!
Hier gut zu sehen: oben- die Einfüllschraube (die Große), dann kommen die maximal, die minimal (die mit dem Pfeil) und die Ablasschraube. Sollte man übrigens kontrollieren- die Zahnräder sind relativ robust, aber die Lager nehmen Trockenlauf unter Last meist sehr übel. Niemals über MAX füllen!!! Bei unserem Traktor war die Alu- Dichtscheibe schadhaft, ich habe mal schnell eine neue gefeilt- etwas unförmig, aber dicht.
neben dem Typenschild- die Ölkontrollschraube
Hier markiert der Pfeil die Kontrollschraube für’s Schaltgetriebe. Wenn hier kein Öl mehr ist, geht’s an’s Eingemachte…
Viele der jüngeren (oder westdeutschen) Fan’s des RS09 fragen sich, wozu die ganzen Hebel neben rechts und links neben dem Lenkrad sind und warum es beim runterschalten immer im Getriebe knirscht….
Der Molli hat ein unsynchronisiertes Getriebe, will man runterschalten, sind folgende Schritte erfordelich. MAN MUSS DAS ÜBEN, um es zu beherrschen!!!!
Wir wollen vom 4. in den 3. Gang schalten…
1. Kupplung treten und den 4. raus (Leerlauf)
2. Kupplung loslassen (einkuppeln) und den Motor in den oberen Drehzahlbereich bringen (Gas geben- „Zwischengas“)
3. Kupplung treten und den 3. Gang einlegen
4. Kupplung loslassen (einkuppeln)
Wenn man das nicht beachtet, ist früher oder später das Getriebe hin. Unser 09ner hat zwischen dem 2. und dem 3. Gang eine Sperre im Getriebe- ich gehe daher davon aus, das die Konstrukteure ein Schalten vom 2. in den 3. Gang nicht vorgesehen haben.
Hydraulik, Handgas , Zapfwellen….
Wir beginnen mal rechts neben dem Lenkrad. Die beiden kurzen Hebel steuern die vordere und hintere Zapfwelle- die beiden langen Hebel haben ebenfalls mit der Zapfwellensteuerung zu tun.
Links außen Läßt sich die Hydraulikpumpe an- oder abschalten. Der lange Hebel in der Mitte steuert den Arbeitszylinder (Ackerschiene), der am Lenkrad ist der Handgashebel. Mit ihm kann man auch das Standgas einstellen.
Wenn man Zapfwelle(n) oder die Hydraulik nicht braucht, ist es sinnvolll diese abzuschalten- schon um den Verschleiß zu minimieren. Aus diesem Grund ist die Hydraulikpumpe mechanisch abschaltbar.
Die beiden Schalthebel: einer ist für Vor und Zurück,der andere ist für Gruppen und Gänge. Das geht so: ganz rechts nach vorn schaltet die 2. (schnelle) Gruppe, nach hinten die erste. Haben wir die Gruppe gewählt führen wir den Hebel über die Sperre zu den Gängen. Dabei liegt der 1. links vorn, der 2.links hinten. 3 und 4 befinden sich in der Mitte zwischen 1+2 und der Gruppenschaltung. Zwischen 1+2 und 3+4 befindet sich bei unserem auch noch eine Sperre. Ich habe aber schon auf einem gesessen, der diese 2te Sperre nicht hatte.
Egal ob Zapfwelle, Hydraulikpumpe, Gruppe oder Gang: Kupplung treten!!!!!
das „Cockpit“
Hier das Cockpit- auf der Oberseite Motortemperatur und (Motor-) Öldruckmanometer. daneben der Blinklichtschalter. Auf der Senkrechten befinden sich: Bosch- Schloss (Licht), Glühkontrolle, Hupe, Ladekontrolle und Glühanlassschalter mit Nachglühstellung.
Der RS09 war früher seiner Zeit voraus- er war DIE Universalmaschine in der Landwirtschaft. (Fast) Jede LPG oder größere Gärtnerei hatte wenigstens einen. In meinem Lehrbetrieb gab es einen, der als Pflanzenschutzgerät ausgerüstet war, in einer Gärtnerei in Langerwisch hatte man ihn zum Schnittabfälle aufladen, in jedem Rinder- oder Schweinestall zum Entmisten….